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Mensch, achte doch auf Deinen Hund

Heute, am 1. Maifeiertag, waren wir mittags in der Umgebung unterwegs, ohne Hund, denn wir wollten zu einer Veranstaltung. Die Mehrzahl der Hunde hat bei so etwas überhaupt keinen Spaß und wäre zuhause deutlich besser aufgehoben. Leider erkennen die meisten Halter die Signale, die ihre Hunde ihnen auf solchen Veranstaltungen senden nicht.

 

Die Veranstaltung war gut besucht, aber nicht überfüllt, d. h. man konnte in Ruhe ein paar Schritte gehen, ohne ständig ausweichen zu müssen. Sogar zum Essen gab es noch ein Schattenplätzchen auf einer Bank leicht abseits. Wie es so ist, wenn man mit Hunden arbeitet, schaltet man auch in der Freizeit nicht komplett ab, und nimmt die Welt immer auch ein wenig aus Sicht der Hunde wahr. Ich habe, wie meistens, Hunde gesehen, die ständig von irgendwo weggezogen wurden, einige Hunde mußten ganz eng bei ihren Haltern gehen, bei anderen war die Leine auf Dauerspannung. Insgesamt waren es aber - Gott sei Dank - gar nicht so viele Hunde, die überhaupt zu sehen waren.

 

Aber zwei Halter-Hund-Teams sind mir besonders aufgefallen:

 

Da war die Mutter mit Kinderwagen und einem kleinen Mischlingshund an der Flexileine und Halsband. Sie standen fast mittig auf dem Weg, wo alle anderen vorbei mußten. Der Hund verhielt sich auf den ersten Blick unauffällig und die meisten Menschen hätten ihn wohl als braven Hund, der sich wohlfühlt und gerne dabei ist, beschrieben. Er setzte sich immer mal wieder hin, während die Halterin sich mit einer Frau mit einem ca. 5 Jahre alten Mädchen unterhielt, er ließ sich kurz von dem Mädchen streicheln, ging dann aber weg vom Kind auf die andere Seite des Kinderwagens. Dort setzte er sich wieder hin. Ein in meinen Augen phänomenal gutes und absolut lobenswertes Verhalten des Hundes und auch das des Mädchens war top, nämlich, dass es nicht nochmal hinter dem Hund hergelaufen ist. Aufgefallen ist es keiner der Mütter. Besonders auffällig waren für mich aber drei Dinge:

 

  1. Der Hund hechelte deutlich mehr als es die Temperaturen erforderlich machten
  2. Der Hund zeigte ein Stressgesicht (Falten im Maulwinkel, stark zurückgezogene Lefzen, Falten auf der Stirn, Augen weit aufgerissen oder zusammengekniffen, Zunge spatelförmig und angespannt)
  3. Er schaute immer wieder seine Halterin an

Besonders das Letztere war für mich ein deutliches Signal des Hundes, fast ein Flehen doch bitte weiterzugehen, oder zumindest eine ruhigere Stelle aufzusuchen. Der Halterin ist der Blick des Hundes zu ihr in all den Minuten, in denen ich es beobachtet habe, nicht ein Mal aufgefallen, geschweige denn das sie ihn erwidert hätte. Sie hätte ihren Hund loben können oder ihm signalisieren, dass es noch einen Moment dauert, und ihn an eine geschützte Stelle in ihrer Nähe nehmen können, wo er in Ruhe hätte warten können. Schade eigentlich, denn genau dies sind die Momente wo wir die Kommunikation mit unserem Hund verpassen, die Kommunikation, die uns die Türen zu den Herzen unserer Hunde öffnet und die Bindung verstärkt. Wie das Ganze zukünftig aussehen wird, wenn das Kind aus dem Kinderwagen raus ist und dann ihre volle Aufmerksamkeit fordern wird, ....

 

Aber ein schönes Beispiel habe ich eine kurze Zeit später, fast an gleicher Stelle erleben dürfen, und es wird mir lange in Erinnerung bleiben, denn es war wie aus dem Bilderbuch und dabei doch so natürlich und authentisch wie eine gute Hund-Halterbindung nur sein kann.

 

Dieses Mal ein Mann und eine Frau mit einem ebenfalls kleinen Hund an Halsband und Flexileine. Die beiden steuerten fast auf genau die gleiche Stelle zu, wo vorher die Frau mit Kindewagen und ihrem Hund gestanden hatte. Der Mann führte den Hund an der Leine und sprach ihn an bevor sie stehenblieben und mit zwei anderen Personen ins Gespräch kamen. Der Halter führte seinen Hund mittels Stimme und Körpersprache ein wenig zur Seite aber nah genug bei ihm, so dass er nicht allen Passanten ausgesetzt war. Während des Gesprächs mit den anderen Personen stand der Halter halb seinem Hund halb den anderen Personen zugewandt. Er sah immer wieder seinen Hund an, der den Blick erwiderte. Ab und zu ging auch der erste Blick vom Hund aus und der Halter erwiderte ihn. Insgesamt achtete der Halter fast die ganze Zeit des Gesprächs völlig entspannt auf seinen Hund während er dem Gespräch folgte und ab und zu etwas sagte. Für mich war das Kommunikation auf höchstem Niveau, blindes Verstehen und Vertrauen und fast ganz ohne Worte. Der Hund zeigte eine entspannte Körperhaltung und einen ebensolchen Gesichtsausdruck.

 

Ich bin noch immer beeindruckt von diesem Halter und überlege, ob ich zukünftig nicht immer eine kleine Aufmerksamkeit für Halter, die mir positiv auffallen, dabei haben sollte; dann bleiben auch mir diese schönen Momente noch besser und länger im Gedächtnis.

 

 

Hund mit Stressgesicht:

  • zurückgelegte Ohren
  • spatelförmige Zunge
  • weit geöffnetes Maul (starkes Hecheln)
  • hohe Körperspannung
  • Faltenbildung Maulbereich